Herausforderungen und Perspektiven 2/3

Was sind Gemeingüter?

Der Begriff Commons verdeutlicht, dass wir gleichberechtigte Menschen sind, deren Teilhabeanspruch an Gemeinressourcen in diesem Menschsein begründet sind. Dies widerspricht der Sicht des Menschen vom Homo Oekonomicus. (Ein Mensch der nur wirtschaftliche Ziele verfolgt und sich durch das Streben nach Nutzenmaximierung auszeichnet.)

Gemeingüter sind besondere Formen sozialer Übereinkünfte zur gemeinschaftlichen, nachhaltigen und fairen Nutzung von Gemeinressourcen. Es ist nicht die Wiese, auf die jeder Nutzer immer mehr Schafe treibt, um daraus den größtmöglichen Nutzen zu ziehen, darüber aber die Erhaltung der Wiese vernachlässigt. Das wäre „Niemandsland“, das nicht verwaltet sondern nur ausgenutzt wird und deshalb bald verödet.

Für historische und moderne Allmende ist charakteristisch, das gemeinsam vereinbarte Nutzungs- und Zugangsregeln gelten. Sie ist an Nutzergruppen gebunden, die ihrerseits Nutzungsregeln vereinbaren.

Regionales Beispiel

Am Ortsausgang von Plothen haben wir den kleinen Allmende-Acker wieder gemeinsam mit den Besuchern der Begegnungsstätte in Betrieb genommen. 2022 haben wir Flachs (viel zu spät) angesät. Flachsanbau und mehr noch die Verarbeitung in den Wintermonaten war bis vor 100 Jahren eine Gemeinschaftsaufgabe in den Dörfern. Der Sommer 2022 war sehr heiß und der Flachs schaffte es kaum ins Längenwachstum. Zuerst habe ich mit Gießkannen versucht, die Reihen zu gießen und mit der Hacke unkrautfrei zu halten. Mancher vorbeifahrende muss mich für bekloppt gehalten haben. Dann brachte mir Mario, der benachbarte Schäfer, ein Wasserfass zum Acker, und mit einer Akkupumpe ging die Bewässerung einigermaßen.

Mario erzählte mir bei der Gelegenheit, dass bis zur Wende die ganzen Wiesen rund um den Acker als Allmende-Land benutzt wurden. Viele Familien hatten dort Parzellen, auf denen Gemüse angebaut wurde. Wie damals die Bewässerung organisiert wurde, wer wieviel beackerte, wie die Erträge waren und warum diese Form der Bewirtschaftung zum Erliegen kam, darüber würde ich gern mehr erfahren.

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Wer erinnert sich noch an diese Zeit, hat vielleicht Fotos und kann darüber berichten. Auch ist nicht ganz klar, warum dort gemeinsam Gemüse angebaut wurde, obwohl fast alle Höfe große Hausgärten haben. Worin lag der Vorteil?

Aktuelle Allmenden

Heute stellt sich der Begriff der Gemeingüter vielfältig dar. Er bezeichnet ja nicht die Ressource an sich, Wasser, Wald, Wiesen und zunehmend auch Software, Sprache, Kulturtechniken und natürlich die Erdatmosphäre oder die Weltmeere. Gemeingüter entstehen überhaupt erst dann, wenn Nutzergemeinschaften Zugangs- und Nutzungsregeln aushandeln, die allen dienen. Scheitern die Aushandlungsprozesse, werden Gemeinressourcen oft entweder privatisiert oder verstaatlicht, vereinnahmt oder vernutzt und damit der Verödung preisgegeben. In keinem dieser Fälle sind sie dann aber noch Gemeingut.

Flachsprojekt
Flachsverarbeitung in der Mühle Tegau

Man unterscheidet in der heutigen Diskussion über Gemeingüter drei Bausteine

  • Erstens die Ressource selbst, jeder Mensch hat das Recht sie zu nutzen, sie wurde von keinem Einzelnen erzeugt und stehen keinem Einzelnen zu.
  • Der zweite Baustein ist sozial: Gemeingüter sind ohne die Bindung an konkret handelnde Menschen in bestimmten sozialen Umgebungen nicht denkbar.
  • Der dritte Baustein ist regulativ. Er umfasst die Regeln und Normen, die im Umgang mit Gemeingütern gelten. Die Regeln sollen von der jeweiligen Nutzergemeinschaft selbst bestimmt werden. Das gelingt nur, wenn eine Gruppe ein gemeinsames Verständnis vom Umgang mit einer Ressource entwickelt.

Die Informationen zu Gemeingütern und der wissenschaftlichen Diskussion darüber sind entnommen aus einem Aufsatz von Silke Helfrich und Felix Stein, erschienen in der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 5.7.2011

Auf die üblichen Zitationsregeln wurde wegen der besseren Lesbarkeit verzichtet.

Kontakt

Melden Sie sich gerne bei
Stefan Mömkes
Telefon: 036648 – 673927
moemkes@drk-sok.de

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